Glückwunsch Alzey!

Am 17. November wurde auf zwei Pressekonferenzen die Ansiedlung des Pharma-Giganten Eli Lilly in der Erweiterung des Industriegebiets Alzey Ost bekannt gegeben. Die eine war in der Raumühle direkt am Standort mit der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, die andere in Berlin mit den Bundesministern Robert Habeck und Karl Lauterbach. Endlich bekommt das Projekt die Wertschätzung, die es verdient. Diese Milliarden-Investition stärkt die Biotech-Region und sichert Wohlstand und Entwicklung weit über Alzey hinaus. Es ist großes Glück für die Region, dass die neuen Flächen nicht zerstückelt und an bunt zusammengewürfelte Betriebe vergeben wurden. Zum Glück hat ein großer Interessent aus der Lebensmittelbranche sich doch lieber in Frankreich umgeschaut, nachdem ihm die Auflagen in Alzey zu teuer geworden sind. Schwein gehabt.

Mit Eli Lilly sind wesentliche Kritikpunkte der IG Holzweg ausgeräumt. Der Pharma-Riese schafft selbst 1000 neue Arbeitsplätze in der Produktion und in der Forschung. Diese passen zu den bereits in der Region ansässigen Biotech- und Pharmaunternehmen und werden zu einer positiven Entwicklung in Alzey und Umgebung beitragen. Selbst wenn in der Folge noch weitere Arbeitsplätze in der gleichen Größenordnung hinzukommen, so sind dies weitaus weniger als die 7000, die im Verkehrsgutachten angesetzt wurden. Daher erwarten wir keine größeren Probleme mehr bei der direkten Anbindung über den Köbig-Kreisel und über die neue Osttangente. Genau hinschauen müssen weiterhin die Dautenheimer, die ja schon heute durch den teils widerrechtlichen LKW-Verkehr durch den Ort sehr belastet sind.

Allerdings sind die ca. 2000 neuen Arbeitsplätze für Alzey und Umgebung auch eine große Herausforderung. Diese Stellen werden nicht – wie zwischenzeitlich von der Verwaltung behauptet – mit Menschen besetzt werden, die bereits hier wohnen. Die neuen Mitarbeiter mit ihren Familien drängen auf den Wohnungsmarkt und die komplette Infrastruktur mit Bildung, Versorgung, Gesundheit, Freizeit, Verkehr, etc. muss dringend vorbereitet und erweitert werden. Andernfalls wird es hier über viele Jahre gewaltig „klemmen“.

Im Bebauungsplan ist das bestmögliche Entwässerungskonzept vorgeschrieben, aber die Machbarkeit bzw. der Aufwand für die geforderte vollständige Rückhaltung und Versickerung des Regenwassers auf dem Gelände wurde nicht nachgewiesen. Es stand zu befürchten, dass die Regenwasserbehandlung so aufwändig und teuer wird, dass für einen wirtschaftlich klammen Investor Abstriche gemacht würden. Angesichts der Investitionssumme von weit über 2 Mrd. EUR gehen wir jetzt aber davon aus, dass Eli Lilly die nötigen Anlagen auch bauen wird. Wir werden dies jedenfalls genau beobachten.

Über Jahre hinweg hat die IG Holzweg die Entwicklungen rund um die Erweiterung intensiv begleitet. Wir haben alle formalen Beteiligungsmöglichkeiten genutzt und qualifizierte und umfangreiche Stellungnahmen abgegeben. Auf unserer der Webseite, auf Youtube, sowie über eine Petition haben wir die Öffentlichkeit immer aktuell informiert. Es gab Plakate rund um das Plangebiet und wir standen auf Infoständen in Alzey den Bürgern Rede und Antwort. Wir waren und sind ein gefragter Ansprechpartner bei der Allgemeinen Zeitung und es wurde sogar ein Beitrag in der Landesschau im SWR ausgestrahlt. Nicht zuletzt haben wir zu Beginn mit einem Flyer an alle Haushalte in Alzey auf dieses riesige Projekt und seine Risiken aufmerksam gemacht.

Mit diesem Engagement und mit der öffentlichen Aufmerksamkeit im Rücken haben wir sehr viel erreicht. Der Bebauungsplan wurde überarbeitet und ist jetzt deutlich umweltfreundlicher und schützt die direkten Anwohner besser. Zu unseren Erfolgen zählen die aufwändige Niederschlagswasserrückhaltung für ein 100jährliches Regenereignis, weniger erdrückende Baukörper, die Umwidmung von Industrie- in Gewerbeflächen sowie mehr Grün- und Gehölzflächen.

Wir haben auch immer wieder kritisiert, dass die Stadt Alzey die Entscheidungsgewalt darüber, wer sich im neuen Industriegebiet ansiedeln darf, fast vollständig an die Entwicklungsgesellschaft Alzey, und damit an die Privatwirtschaft, abgegeben hat. Diese besteht zu gleichen Teilen aus zwei Banken, zwei Energieversorgern, einer privaten Investorengruppe und der Stadt Alzey. Dies bedeutet, dass weit über 80% der Stimmrechte dem Profit verpflichtet sind und nicht dem Wohl der Allgemeinheit.

Wie es zu der Entscheidung für Eli Lilly kam und dadurch das neue IG eben nicht zerstückelt und mit ggf. schwächeren Firmen besiedelt wurde, darüber können wir nur spekulieren. Klar ist aber, dass die IG Holzweg durch die genannten Aktionen eine gewichtige Rolle gespielt hat. Insgesamt wurden durch unseren Einsatz die Standards im Bebauungsplan erhöht. Wir gehen davon aus, dass dies zu einer Selektion bei den Interessenten geführt hat. Auch haben wir eine breite überregionale öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt. Womöglich wäre ohne uns die Landespolitik gar nicht auf das riesige Potenzial des neuen Gebiets aufmerksam geworden. Und diese hat dem Vernehmen nach eine wesentliche Rolle bei der Vergabe gespielt. Die Ansiedlung des Global Players Eli Lilly ist daher auch ein Erfolg der IG Holzweg.

Wir werden die Entwicklung weiterhin kritisch und konstruktiv begleiten, insbesondere im Hinblick auf die Änderungen im Bebauungsplan. Beispielsweise sollen große Flächen wieder als Industriegebiet deklariert werden, die auf unser Drängen hin Gewerbegebiet waren. Wir wollen die Gründe verstehen und mögliche Verschlechterungen für die Anwohner verhindern. Wir sind auch gespannt auf das neue Lärmgutachten und wie sich dieses auf die Lärmkontingente auswirkt. Nach unserem Verständnis musste das Lärmgutachten neu erstellt werden, weil der beschlossene Bebauungsplan in diesem Punkt womöglich rechtswidrig war.

Endlich gibt es auch brauchbare Animationen, die realistisch zeigen, wie die Bebauung aussehen wird. Mit der Qualität der Bilder und Filme hat Eli Lilly eine Visitenkarte abgegeben. Im Gegensatz dazu waren die Skizzen der EGA einfach nur besorgniserregend. Wir sehen einen sehr repräsentativen vorderen Bereich mit Einfahrt, Verwaltung und Forschung, eingebettet in großzügige Parkanlagen. Diese Seite ist im Westen, und dient der Repräsentation in Richtung Alzey und zum existierenden Industriegebiet. Richtung Osten, zu den Nachbarn von Alzey, ist die Produktion und die Logistik. Diese Seite muss noch besser werden. Es gibt eine Menge Möglichkeiten, Verschandelung, Lärm, Gestank etc. zu minimieren. Wir bleiben dran.

Für uns als Bürgerinitiative hat sich jede Minute unseres Einsatzes gelohnt. Wir haben gezeigt, dass man sich auch als Bürger wirkungsvoll in Megaprojekten wie diesem einbringen kann. Wir haben dazu beigetragen die Lebensqualität in der Region zu erhalten, ja sogar zu verbessern. Nicht zuletzt haben wir die Demokratie gestärkt. In diesem Sinne bleiben wir positiv, kritisch und vor allem präsent. Nicht nur dieses Projekt braucht uns für die nächsten Jahre. Der Expansionsdrang der Pharma-, Biotech- und Chemieunternehmen in Ingelheim, Mainz und Ludwigshafen zeigt uns in Alzey, wohin die Reise geht. Turbo-Industrialisierung. Es gibt noch jede Menge zu tun!

Ach ja, noch was… Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt für Alzey, Schluss zu machen mit der Heimlichkeit. „Heimliche Hauptstadt Reinhessens“ – was soll das denn? Es gibt keine Hauptstadt Rheinhessens und keiner will, dass Alzey heimlich ist. Der Slogan passt zur Heimlichkeit der Entwicklungsgesellschaft Alzey einschließlich der Vergabe der Grundstücke. Wir wollen ein weltoffenes, lebenswertes Alzey, das mit Stolz und Selbstbewusstsein auftritt. Mit einer solchen Einstellung hätte man konsequent, offen und zielgerichtet auf eine Ansiedlung einer angemessenen Firma wie Elly Lilly hinarbeiten können. Alzey hat einen besseren Slogan verdient.